Stinkkalk-Geschiebe von der Insel Rügen

23.08.2015 / 29.06.2020

 

Die Insel Rügen weist zahlreiche Küstenabschnitte auf, die als Steilufer oder Kliff nacheiszeitlich noch immer "aktiv" sind. Dazu gehören die steil aufragende Kreideküste zwischen Sassnitz und Lohme, die Kreidefelsen bei Kap Arkona aber auch zahlreiche Uferabschnitte, die eiszeitliche Ablagerungen beinhalten. 

 

Abb.1: Steilufer und Geschiebestrand zwischen Sassnitz und Mukran

 

Die Steilküste zwischen Sassnitz und Mukran:

Dieser ca. 2 km lange Küstenabschnitt ist vor allem durch seine steile Küstenform geprägt und als "Geschütztes Geotop" ausgewiesen. Das hier anstehende Kliff ist bis etwa 15 m hoch und beinhaltet eiszeitliche Ablagerungen als Geschiebemergel, Geschiebelehm, Geschiebeblockpackungen sowie Schmelzwasserablagerungen. Etwa in der Mitte dieses Küstenabschnittes befindet sich zudem eine Kreide-Scholle. 

 

Abb.2: Steilufer mit eingelagerter Blockpackung

 

Abb.3: Blockpackung mit eiszeitlichen Geschieben

 

Hier wird deutlich, dass es sich trotz geringem Bewuchs am Steilhang um ein aktives Kliff handelt. Die sich laufend vollziehenden Abbrüche und Rutschungen werden vor allem durch die Niederschläge und Frostwirkungen hervorgerufen. Auch Steinschläge sind möglich.

 

Abb.4: Stinkkalk (Geschiebe)

 

Im Küstenbereich zwischen Sassnitz und Mukran ist es möglich, gehäuft paläozoische Geschiebe zu finden. Meist sind es graue und rote ordovizische Kalke, die Orthoceraten, aber auch größere Trilobiten enthalten können. Hingegen findet man aber auch häufig kambrische Stinkkalke. Sie sind farblich grau bis schwarz, stets abgerollt und seitlich betrachtet feinschichtig.

 

Abb.5: Oberkambrischer Stinkkalk

 

Diese Aufnahme zeigt eine feine Schichtung eines Stinkalk-Geschiebes, die farblich durch eine kalzitische Streifung betont wird.

 

Abb.6: Aufgespaltene Schichtfläche eines Stinkkalk-Geschiebes (Abb.5)

 

Es sind zahlreiche Trilobitenfragmenten zu sehen, die nur einige Millimeter groß sind. Vermutlich handelt es sich um Stinkkalk der Stufe 5.

Stratigrafische Einordnung der Stinkkalke:

Die stratigrafische Einordnung der Stinkkalke wird nach dem Auftreten von Fossilien (Trilobiten) in sechs Zonen vorgenommen. Die Stinkkalke der Zonen 2 - 6 sind zeitlich dem Ober-Kambrium zuzuordnen. Die unterste Trilobitenzone, Zone 1 mit Agnostus pisiformis, wird noch dem Mittelkambrium zugeschrieben.

Zonale Gliederung:

Zone 1 - Agnostus pisiformis, Zone 2 - Olenus, Zone 3 - Parabolina spinulosa, Zone 4 - Leptoplastus, Zone 5 - Peltura, Zone 6 - Acerocare  

Die nachfolgenden Fossilfunde stammen aus der Sammlung von Dr. A. Buchholz (Stralsund), der mir die Stücke als Bestimmungshilfe überlassen hat.

 

Abb.7: Stinkkalk, Stufe 1 - Agnostus pisiformis, Geschiebe (Rügen)

 

Abb.8: Ausschnitt mit Agnostos pisiformis pisiformis (WAHLENBERG, 1818)

 

Abb.9: Stinkkalk, Stufe 2 - Olenus, Geschiebe (Rügen)

 

Abb.10: Ausschnitt mit Olenus truncatus (BRÜNNICH, 1781)

 

Abb.11: Stinkkalk, Stufe 3 - Parabolina, Geschiebe (Rügen)

 

Abb.12: Ausschnitt mit Parabolina spinulosa (WAHLENBERG, 1821)

 

Abb.13: Stinkkalk, Stufe 4 - Leptoplastus, Geschiebe (Rügen)

 

Abb.14: Ausschnitt mit Leptoplastus cf. crassicorne (WESTERGARD, 1944)

 

Abb.15: Stinkkalk, Stufe 5 - Peltura, Geschiebe (Rügen)

 

Abb.16: Ausschnitt mit Peltura scarabaeoides scarabaeoides (WAHLENBERG, 1821)

 

Abb.17: Stinkkalk, Stufe 6 - Acerocare, Geschiebe (Rügen)

 

Abb.18: Ausschnitt mit Parabolina heres heres BRÖGGER, 1882

 

Neben den hier genannten Trilobiten kann man eine weitaus größere Trilobitenvielfalt in den Stinkkalken finden. Als Literaturhinweis seien hier die Arbeiten von Dr. A. Buchholz (Sassnitz) erwähnt.

Bleibt nur noch der Hinweis auf die Namensgebung zum Stinkkalk. Dieser "stinkt" nicht, sondern verbreitet lediglich einen bituminösen Geruch, wenn man diesen aufschlägt. Dies gilt in etwa bei 70% der "Stinkkalke" (mündliche Mitteilung durch M. Kutscher, Sassnitz). Ursächlich bildete sich dieses Gestein einst aus einem sauerstoffarmen Faulschlamm mit einem hohen Anteil organischer Substanz, der dann schließlich zum "Stinkkalk" wurde. 

 

Abb.19: Geschiebestrand zwischen Sassnitz und Mukran

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